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Berlin-Fahrt des Projektkurses Geschichte bilingual

Berlin war Ziel des Projektkurses Geschichte bilingual der Q1 Ende Januar. Für 12 Schülerinnen und Schülern, begleitet von Frau Spitzer und Herrn Möller, standen Erinnerungsorte und Formen der Erinnerungskultur im Mittelpunkt der dreitägigen Reise.
Der erste Halt war im Bundestag, dem Herzstück der deutschen Demokratie. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Gelegenheit, Einblicke in die Arbeit des Parlaments zu gewinnen. Nach einer Besichtigung des Plenarsaals gab es einen kleinen Blick hinter die Kulissen: Neben der Rückseite des berühmten Bundesadlers (an der sich ein zweiter, etwas schlankerer Adler versteckt) gab es im Ostteil des Reichstagsgebäudes Schmierereien zu sehen, die Soldaten der roten Armee 1945 dort hinterlassen hatten. Sir Norman Foster konservierte diese ebenso wie original Stuckelemente aus dem ursprünglichen Reichstag. Das Reichstagsgebäude ist somit auch eine Art Museum und Erinnerungsort für Höhepunkte und einige der dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte.
Weitere wichtige Stationen waren das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma, das Mahnmal zur Bücherverbrennung, Denkmäler für Bismarck und Moltke, die East Side Gallery (ein von Künstlern gestalteter Abschnitt der Berliner Mauer) oder das Humboldtforum, der umstrittene Wiederaufbau des preußischen Stadtschlosses.
Einen ganz anderen Zugang zur Geschichte bot eine Führung im Deutschen Historischen Museum: Roads Not Taken. 14 entscheidende Ereignisse der deutschen Geschichte werden unter der Frage behandelt, was hätte passieren können. Was wäre passiert, wenn die Demonstranten in Leipzig oder Berlin 1989 mit militärischer Gewalt gestoppt worden wären? Wie hätte die Geschichte ausgesehen, wenn das Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 erfolgreich gewesen wäre? Oder wenn Friedrich Wilhelm IV 1849 die Kaiserkrone angenommen hätte? Die Schülerinnen und Schüler konnten an ihren Geschichtsunterricht anknüpfen – erkannten gar einzelne Quellen in der Ausstellung wieder – und bekamen so neue Einsichten auf Möglichkeiten der Geschichte.
Ein weiterer bedeutender Ort war die Gedenkstätte Hohenschönhausen, ehemaliger Standort eines Stasi-Gefängnisses. Hier nahmen die Schülerinnen und Schüler an einem Zeitzeugenseminar teil, bei dem sie von Erhard Neubert über seine Haft informiert wurden. Die emotionale Reise durch die Vergangenheit hat tiefen Eindruck hinterlassen. Herr Neubert führte nicht nur über das Gelände und erläuterte die Funktion des Gefängnisses in der Zeit der DDR, er erlaubte auch tiefe Einblicke in sein Schicksal. Seit der Jugend ein unangepasster Kritiker des Systems, hielt er sich mit Kritik nie zurück. So geriet er ins Visier der Stasi. Erst nach mehreren Ausreiseanträgen wurde er 1974 ausgebürgert. Heute, fast 80, berichtet er lebendig, kurzweilig und berührend von seiner Geschichte. Seine Botschaft am Ende des über dreistündigen Seminars: Die Werte des Grundgesetzes und unsere Freiheit sind nicht so selbstverständlich, wie viele denken. Sie zu bewahren und zu verteidigen ist immer wieder aufs neue Herausforderung und Auftrag. Am Nachmittag desselben Tages besuchte der Kurs den Tränenpalast, einst ein Ort, an dem Familien voneinander getrennt wurden. Auch Erhard Neubert verließ über diesen Weg einst die DDR.
Keine Gedenkstättenfahrt nach Berlin kann ohne einen Besuch des Holocaust-Mahnmals auskommen, einem Symbol für das Leid und den Verlust der Juden während des Zweiten Weltkriegs. Die Gestaltung des Denkmals war seinerzeit kontrovers, der Umgang mit seiner offenen Gestaltung ist es bis heute. Im Projektkurs war dieser Erinnerungsort – so wie auch viele andere – durch die Schüler recherchiert und präsentiert worden. Fotos und Videos können aber den echten Besuch nicht ersetzen. Wie fühlt man sich, wenn man durch das Stelenfeld wandert, man förmlich verschluckt wird, der Straßenlärm verstummt und man fast die Orientierung verliert? Der Ort der Information unter dem Mahnmal liefert einen wichtigen Beitrag, um das Mahnmal verstehen zu können. Noch vor Ort entsponnen sich Diskussionen um die Gestaltung und Formen der Erinnerungskultur.
Insgesamt war die Kursfahrt nach Berlin eine einzigartige Erfahrung für die Teilnehmer. Aus der Kursfahrt haben sich teils auch Projekte ergeben, die nun im Rahmen des Projektkurses bearbeitet werden.

Bilder und Text: Mö
Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas, unmittelbar neben dem Reichstagsgebäude. 

Der Ort der Information unterhalb des Mahnmal für die ermordeten Juden Europas vermittelt Einblicke in persönliche Schicksale.

Besuch an der East Side Gallery. Dimitrij Vrubel gestaltete diesen Abschnitt der Berliner Mauer 1990 und griff ein Foto von 1979 auf, welches Erich Honecker und Leonid Breschnew zeigt.

Führung im „Tränenpalast“. Hier verließen Menschen die DDR gen West-Berlin, mitunter ein Abschied für immer, unter Tränen.

Erhard Neubert berichtet dem Projektkurs als Zeitzeuge im ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen über sein Schicksal und die Funktion des Gefängnisses.

Dieses Vexierbild im Deutschen Historischen Museum zeigt zwei Bilder: Fröhliche Demonstranten feiern der Fall der Berliner Mauer und Panzer, die Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens überrollen. Beides geschah 1989. Hätte es auch eine „chinesische Lösung“ in der DDR geben können?

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